Montag, 6. Mai 2013

Komárno/Komárom

4.5.2013

Am slowakischen Ufer der Donau liegt die Stadt, die auf slowakisch Komárno und auf ungarisch Komárom heißt (der alte deutsche Name war Komorn). Sie wurde zu einem Fußballspiel besucht. Rund 37.000 leben hier, davon sind ca. 60% ungarisch und 35% slowakisch.
Die Donau wurde nach dem Ersten Weltkrieg zur Staatsgrenze zwischen der neugegründeten Tschechoslowakei und Ungarn. Dadurch wurde der (erst 1896 nach dem Bau der Donaubrücke eingemeindete) Stadtteil am rechten Donauufer vom Stadtzentrum abgetrennt, er verlieb als Komárom bei Ungarn. Dort leben heute rund 20.000 Menschen.
Die Stadt ist eine alte mittelalterliche Gründung aus dem 11.Jh., fast 900 Jahre hatte aufgrund der strategischen Lage an der Mündung des Flusses Waag in die Donau militärische Bedeutung und war erst von der mittelalterlichen Burg und dann von der bis ins 19.Jh. stetig ausgebauten Festung und den hier stationierten Soldaten geprägt.

Etwas außerhalb der Stadt befand sich vom 2. bis in 4.Jh das römische Legionslager Celemantia. In einer renovierten Bastei der Festungsanlagen um die Stadt aus dem 19.Jh. befindet sich ein Lapidarium mit einer Sammlung antiker römischer Kunstwerke. Leider war trotz gegenteiliger Ankündigung der Öffnungszeiten geschlossen.


Ein Denkmal aus kommunistischer Zeit, das an „kommunistische antifaschistische Märtyrer“ erinnert, deren Namen aufgelistet werden. Sie wurden unter der Herrschaft des mit Hitler verbündeten Horthy-Ungarn bzw. der faschistischen Pfeilkreuzler zwischen 1938 und 1945 umgebracht.


Bis zum Zweiten Weltkrieg lebten etwa 3.000 Jüdinnen und Juden in der Stadt, rund zehn Prozent der Bevölkerung. Sie hatten drei Synagogen. Dieses Gebäude war bis 1944 die 1863 eröffnete neologische Synagoge, heute eine Squash-Halle.


Es gibt heute noch eine kleine jüdische Gemeinde von etwa 45 Personen, die hier lebt. Hier das 1896 als Altersheim mit angeschlossener Synagoge eröffnete Haus, das heute das jüdische Gemeindezentrum ist (Menház)


Die Synagoge an der Menház-Rückseite.


Dort ist eine Gedenktafel an die ermordeten Jüdinnen und Juden angebracht. Nach dem Anschluß an Ungarn 1938 galten die antisemitischen diskriminierenden Gesetze des Horthy-Ungarn nun auch hier. 1942 wurde das betreten mancher Straßen verboten, Männer wurden zur Zwangsarbeit verschleppt. Nach der deutschen Besetzung Ungarns 1944 wurde ein Ghetto eingerichtet. Daraus wurden die Menschen im Juni 1944 ins KZ deportiert, andere wurden am Donauufer erschossen. 1941 lebten hier 2.734 Jüdinnen und Juden, nur 248 überlebten.


zerstörte Gedenktafel an während des Anschlusses ans faschistische Horthy-Ungarn umgebrachte slowakische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger am Dom Matice Slovenskej, dem Haus der slowakischen Kulturstiftung.


Denkmal für alle Opfer der Gewalt von 1944 bis 1948, aus dem Jahr 1999. Es zeigt unter schwerer Last gebeugte Menschen und erinnert an die 1944-1945 ins KZ deportierten und umgebrachten jüdischen Bürgerinnen und Bürger der Stadt und an die 1946 an die tschechische Grenze sowie 1947/48 nach Ungarn Zwangsumgesiedelten.


Straßenszene


die barocke katholische Andreaskirche (sv. Ondreja / Szent András-templom) aus dem 18.Jh.


Der Rathausplatz mit dem markanten Rathaus, ursprünglich 1717/18 im barocken Stil erbaut und 1875 in heute zu sehender Neorenaissance umgebaut. Davor steht am Platz ein Denkmal für György Klapka. Er kommandierte die Verteidigung der Festung 1849, die nach der Niederlage der ungarischen Revolution 1848/49 gegen die vereinten Armeen von Habsburgern und russischem Zarenreich noch ein Monat lang gehalten wurde. Die ganze Stadt wurde im Zuge der Belagerung durch das österreichische Bombardement schwer zerstört.


Eine etwas skurille Kulissenarchitektur umgibt den 1999/2000 errichteten Europaplatz (Nádvorie Európy / Európa-udvar). Die Häuser mit verschiedenen Fassadenstilen sollen die Länder Europas repräsentieren. Sehr hoher Wert auf der nach oben offenen Kitschskala.


Ein Gebäude am Europaplatz steht dort, wo von 1827 bis 1863 die älteste Synagoge der Stadt bestanden hatte. 1944 wurden in die Keller unter dem heutigen Platz die Jüdinnen und Juden gepfercht bevor die Männer, Frauen und Kinder ins KZ deportiert wurden.


Freilichtbühne im Hof des ehemaligen k.u.k. Offizierskasinos.


Die Festungsanlage besteht aus der Alten Festung, der im 16.Jh. neuzeitlich umgebauten alten mittelalterlichen Burg (erstmals 1218 erwähnt), sowie der zwischen 1663 und 1673 als Erweiterung errichteten errichteten Neuen Festung. Die Anlage wird außerhalb von Juli und August nur werktags mit Führungen zugänglich gemacht, also nichts für einen Frühjahrs-Wochenendausflügler. Am rechten (ungarischen) Donauufer wurden im Laufe des 19.Jh. Gegenstücke zur Festungsanlage am linken Ufer errichtet. Diese wären zugänglich gewesen. Dort drüben wurde Theodor Körner geboren, sein Vater war dort als Armeeoffizier stationiert.




Die Elisabethbrücke (ungarisch Erzsébet-híd, slowakisch Alžbetín most) verbindet seit 1892 die beiden Donauufer. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie gesprengt und 1946 wiederaufgebaut. Als Verbindung der beiden einst (zwischen 1896 und 1918/20) eine gemeinsame Stadt bildenden Städte wurde sie auch zum Ort des nationalistischen Streits. Als der damalige ungarische Staatspräsident Laszlo Solyom 2009 zur Einweihung einer Statue des ungarischen Nationalheiligen Stephan herüber kommen wollte, wurde die Donaubrücke von slowakischer Polizei blockiert, ihm die Einreise zur ungarischen Festivität verwehrt und das Staatsoberhaupt nach Ungarn zurückgeschickt. Es gab einen diplomatischen Eklat.


Donau, links das slowakische und rechts das ungarische Ufer


Slowakischer Gedenkstein an den Friedensvertrag von Trianon, der nach dem Ersten Weltkrieg die Aufteilung Ungarns und damit auch die tschechoslowakische Grenze bestätigte. Man sieht noch rote Farbreste, die wohl vom Anschlag eines Ungarn stammten.

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